Gabrielle de Lioncourt, Lestats sterbliche Mutter und sein unsterbliches Kind, ist vielleicht der freiheitsliebenste, unabhängigste und eigenbrödlerischste Vampir, der je erschaffen wurde. Bis zur Gefühlskälte gegen alle anderen ihrer Art reicht ihre unbändige Liebe zum Alleinsein und entsprechend selten trifft man sie in der Gegenwart anderer Unsterblicher an. Ihr sterbliches Leben ist geprägt von der Aufopferung für die Familie – von einem selbstauferlegten Zwang, der sie ihre Gefühle gegenüber ihrem herrischen Mann und der Familie hinter einer ehernen Maske verbergen lässt, und sie gleich einer toten Marmorskulptur durch ein Leben der Selbstverleumndung wandern lässt.

Paradoxerweise ist es gerade der Tod, der sie endlich zum Leben erweckt. In Paris, wohin sie reist als sie ihr Ende nahen spürt, um ihren geliebten Sohn Lestat noch einmal zu sehen, schenkt dieser ihr ein neues Leben. Doch anders als Lestat fühlt sich Gabrielle, kaum dass sie unsterblich ist, der Menschheit keineswegs länger verbunden. Langsam aber sicher entfremden Sohn und Mutter sich voneinander und Gabrielle verschwindet aus Lestats Leben, um – meist als Mann verkleidet – das Gefühl der Freiheit auszuleben, dass ihr als Mensch verwährt blieb. Ihre Jagdmethoden sind gnadenlos, ihr Hunger nach Weite und Unbeschränktheit unstillbar und ihr Revier der afrikanische Dschungel und andere Orte der Abgeschiedenheit und Wildheit. Erst als ihr Sohn aus seinem ersten langen Schlaf aufwacht und in Amerika zum gefeierten Rockstar wird, taucht auch Gabrielle wieder auf. Auf Night Island scheint sie sogar eine gewisse Zuneigung zu der jungen Vampirin Jesse und dem uralten Khayman zu entwickeln.